Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Jedes Wochenende trifft sich die US-Car Gemeinde in einer anderen Stadt und Hannover bildet den Abschluss der Street Mag Show. Diese Veranstaltungen sind von dem
gleichnamigen Magazin organisiert und bürgen für jede Menge heißen Chrom. Während viele andere Treffen für den Zuschauer oft kostenlos zu besuchen sind, wird hier Eintritt genommen. Dafür gibt es
dann auch verschieden Shows im Angebot, z.B. Low Rider und Stunt Shows. Auf der großen Bühne kann man sein Auto vorstellen und sich den manchmal auch deftigen Kommentaren des Moderators
aussetzen. Aber wer das Mikro in die Hand nimmt, kann selbstverständlich auch verbal zurückschlagen. Es ist halt Show Time! Diese Wochenende ist es genau umgekehrt: Samstag gab es heftige
Unwetter und der Sonntag ist ein Traum. Auf dem Schützenplatz ist, wie der Name schon sagt, jede Menge Platz und die Amischlitten kommen in langen Schlangen angefahren. Herrlich.
Dieses Jahr habe ich es endlich mal wieder geschafft:
US-Car-Treffen in
Deutschland! Das ist natürlich ein Heimspiel für mich und dementsprechend versuche ich jedes Jahr ein paar dieser Events zu besuchen. Hamburg ist da auf jeden Fall ein Highlight. Bislang war das
Treffen auf dem Heiligengeistfeld, gleich um die Ecke zur Reeperbahn. Da sind die Jungs dann zwischendurch immer mal wieder mit ihren coolen Autos die sündige Meile rauf und runter gedonnert.
Herrlich.
Wegen Platzmangel und
Bauarbeiten findet das Treffen dieses Mal dort statt, wo es früher mal das Volksparkstadion gab. Heute heißt das Stadion ja Arena und bekommt noch einen Sponsorennamen dazu. Oder hat es den alten
Namen schon wieder zurück? Egal.
Ich bin schon recht früh da und kann mir alles in Ruhe ansehen. Das Beste ist für mich immer die An- und Abfahrt der Autos und Motorräder. Die Organisatoren haben eine große Bühne aufgebaut und nicht wenige Teilnehmer stellen sich in die lange Schlange um einmal in Leben auf der Showbühne zu stehen. Der Moderator stellt dann Fragen zu dem jeweiligen Auto und hofft immer auf eine besondere Geschichte. Irgendwann am Nachmittag, als der zehnte Ford Mustang die Rampe zur Bühne hochkommt, wird es ihm zu bunt: „Na endlich mal ein Mustang, die hatten wir heute ja noch gar nicht! Was fahrt ihr mir hier für eine Scheiße hoch? Gibt es denn hier keine anderen Autos mehr? Das ist ja wie Golf 3 auf einem VW-Treffen“. Das Publikum lacht, aber der Besitzer des schönen schwarzen 67er Mustangs ist nicht unbedingt erfreut. Kein Wunder, das Auto ist absolut klasse! Aber so ist das wohl, das harte Leben im Showbusiness. Noch ein Freiwilliger bekommt sein Fett weg. Ein in die Jahre gekommener Trans Am Fahrer wird gleich mit den Worten begrüsst: "Du siehst auch aus, als hättest du schon vor 30 Jahren Trans Am gefahren"! Wieder die Lacher. Der Mann am Mikrofon ist schwer in Form. Doch als dann ein schneeweißer Cadillac mit einem J.R. Ewing, am Steuer nach oben kommt, ist die Moderator-Welt wieder im Lot. Endlich mal wieder ein besonderes Auto.
Ich gehe weiter durch die Reihen und entdecke einen Schatz nach dem anderen. Wenn ich ab und zu stehenbleibe, dringen zwangsläufig auch Wortfetzten oder kurze Gespräche zu mir durch, die mich eigentlich nichts angehen und die auch nicht für mich bestimmt sind. Ich versuche das zu ignorieren, aber bei diesen kleinen Dialog musste ich doch etwas schmunzeln: Ein junges Pärchen steht an der Tür zu ihrem Van und der junge Mann beschwert sich bei seiner Begleitung: „Wir waren jetzt gerade mal eine Stunde draußen und du willst schon wieder mit mir rein. Können wir denn nicht mal etwas länger draußen bleiben?“ Wir wissen natürlich nicht was die Dame mit dem jungen Mann vorhat, aber das Leben kann doch manchmal schon ganz schön hart sein…
Die Stunden vergehen wie im Fluge und das Treffen läuft. Ich will mir etwas Abwechslung gönnen und fahre mit dem Rad (klar habe ich das mit) ins Schanzenviertel. Allerdings komme ich nicht zu weit, da mir ein paar Tausend! Motorräder den Weg versperren:
Es ist MOGO. Die halbe Stadt ist abgesperrt und ein riesiger Motorradkonvoi zieht durch die Straßen. Irre, was sind dagegen schon die Daytona Bike Days?
Großes US-Car-Treffen auf dem Heiligengeistfeld
Oder: Du kommst hier nicht rein!
Es ist wieder soweit. Einmal im Jahr findet in Hamburg ein großes Treffen statt: Amerikanische Autos und Harley-Davidson Motorräder. Da habe ich 24 Monate drauf gewartet. Letztes Jahr war ich nämlich leider verhindert. Gestern hatte ich keine Zeit, also nutze ich den Sonntag und mache mich auf den Weg in die Hansestadt. Mein Auto stelle ich am alten Elbtunnel ab. So spare ich mir den, nicht unwahrscheinlichen, Elbtunnelstau auf der Rückfahrt. Es ist noch Vormittag aber die Touris sind längst unterwegs. War ja schließlich auch schon Fischmarkt. Ich spaziere die ca. 2 Kilometer zum Heiligengeistfeld und höre schon von weitem die V8 Motoren und die quietschenden Reifen.
Ich kann es kaum noch erwarten das Ausstellungsgelände zu besuchen. An der Kasse greife ich in meine Hosentasche und erstarre mitten in der Bewegung. Mein Verstand will nicht wahrhaben, was er längst registriert hat. Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Meine Hand greift zwar nicht ins Leere, aber mit Tempotaschentüchern werde ich hier kaum bezahlen können. Ich habe mein Portemonnaie vergessen!! Was soll ich jetzt bloß tun. Die Dame an der Kasse wird langsam ungeduldig, hinter mir scharen die nächsten Besucher schon mit den Hufen. Ich schaue die Kassiererin an und überlege fieberhaft, was ich sagen soll: Vielleicht: Bitte, bitte, lassen sie mich ohne zu bezahlen rein, ich habe mein Geld vergessen! Oder: Ich bin´s doch, der HDW, ich komme doch (fast) jedes Jahr hierher, sie müssen mich einfach reinlassen. Ich werde nächstes Jahr bezahlen. Ganz bestimmt. Der Blick der Dame sagt mir allerdings, dass ich mir die Mühe sparen kann. Es gibt keine Ausrede und keinen blöden Spruch, den ihre Ohren nicht schon hundertmal gehört haben. Gesenkten Hauptes verlasse ich die Warteschlange und stelle mich etwas abseits hin. Ich fühle mich, wie der Typ im Film „Glücksritter“. Eben noch mitten in der Gesellschaft, und jetzt mittelos. Das Geld weg, kein Dach über dem Kopf. Zum Schluss kommt er bei einer Dame unter, die irgendwas mit Muschies zu tun hat. Wenigstens das, soll es hier ja auch geben. Aber nicht für mich. Und ich wollte später noch schön einen dicken Hamburger essen, oder so. Und nun das. Pleite.
Jetzt nur nicht aufgeben, denke ich mir. Irgendwie muss ich die 8.50€ zusammenkriegen. Was mir fehlt, ist nur eine gute Geschäftsidee. Das Geld liegt auf der Straße, man muss es nur aufheben, sagt mein Kumpel immer. In diesem Moment bückt sich neben mir ein Typ und hebt eine Pfandflasche auf. Mann, na klar. Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin. Das Geld liegt tatsächlich auf der Straße.
Schon habe ich das Dollarzeichen in den Augen. Vor mir steht einer mit ner Flasche Bier. Noch ein, zwei Schluck, dann ist sie leer. Los Alter, trink aus und mein Geschäft fängt an zu brummen. Während ich noch überlege, ob auf der Glasflasche 7 oder 8 Cent Pfand drauf sind, fällt sie schon zu Boden und ein anderer hebt sie auf. Weg ist mein Startkapital. Ist das ärgerlich. Bei 8 Cent Pfand, hätte ich nur etwas über 100 Flaschen für das Eintrittsgeld gebraucht. Ich will zwar meine geniale Idee nicht so einfach aufgeben, aber es muss noch einen anderen Weg geben. Wie wäre es, wenn ich bei den ankommenden Autos frage, ob die mich mit reinnehmen würden? Da kommt auch schon so eine nicht unschöne Blondine mit einer Corvette um die Ecke. Da sie direkt vor meiner Nase warten muss, ist die Gelegenheit mehr als günstig. Ich brauche mich nur zu ihr herunterbücken und höflich fragen, ob sie mich ein Stückchen mitnimmt. Glücklicherweise besinne ich mich noch gerade rechtzeitig. In Zeiten von Smartphone und Facebook, stände mein Koffer wohl zu Hause eher vor der Tür als ich. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als vor dem Eingang zu warten, bis einer vorbei kommt der mich kennt, und mir Geld leiht. Leider kennt mich keiner.
Was ich eben noch als Pech empfunden habe, entpuppt sich als wahrer Glückfall. Hier vor dem Eingang geht die Post ab. Ständig kommen die tollsten Autos und Motorräder an. Und alle wollen irgendwie auffallen. Also tun sie was dafür. Eine irre Show. Ich brauche fast eine Stunde um zu merken, dass mich die Abgase fast ohnmächtig machen und ich mich auf die andere Straßenseite stelle, den Wind im Rücken. Jetzt ist es nur noch laut und geil. Unbeschreiblich. Ich stehe hier, allein in einer fremden Stadt, ohne einen Cent in der Tasche, hungrig und durstig, aber glücklich. Wenn jetzt einer mit einem Kaufvertrag vor mir stehen würde, ich würde auf der Stelle einen Amischlitten kaufen.
Irgendwann mache ich mich auf den Rückweg. Auf der Reeperbahn sitzen die Leute in der Sonne und essen und trinken und lassen es sich gutgehen. Ich gehe auch. Weiter zu meinem Auto. 25 Meter unter Elbe fällt mir ein, dass ich noch eine Wasserflasche im Auto habe und Schokolade! Leider sind draußen mittlerweile 27! Grad in Hamburg. Im Auto ist es wohl doppelt so heiß. Das Wasser habe ich und so suche ich im Handschuhfach nach einem Teebeutel. Die Schokolade könnte ich auch trinken. Ich verzichte und begnüge mich mit dem heißen Wasser. Die leere Flasche verstecke ich im Gebüsch. Mein Startkapital für das nächste Jahr...
Hans-Dieter Wuttke (HDW)