Route 66 oder NIX
2015
Reisegeschichten von
HDW
Teil 10
Flagstaff: Das Tor zum
Grand Canyon
Good Morning Germany!
Das war also mein Besuch in Alamogordo. Wie gesagt, wir hätten noch ne ganze Menge zu erzählen gehabt, aber wie das so ist, wenn man Urlaub macht. Es gibt meistens doch noch diesen einen festen Termin. Richtig, wenn der Lufthansa-Pilot über den Lautsprecher sagt: "Cabin Crew, ready for take off"! Doch zwichen mir und diesem Satz liegen ja glücklicherweise noch ein paar Tage und viele, viele Highwaymeilen...
Leaving Alamogordo is never easy
Ich stehe um kurz vor 5 Uhr morgens auf. Wir hatten uns so verabredet, dass ich einfach fahre, wenn ich wach werde. Nicht nur, dass ich gestern Abend das leckere Steak-Dinner genießen durfte, ich nehme auch noch ein paar Bananen mit auf die Reise. Klar habe ich vorher gefragt, aber bei solchen Gästen kann man sich nur wünschen, dass sie so schnell nicht wiederkommen. Während ich zur Black Lady gehe, denke ich an den Rat von Matthias: „Pass ein bisschen auf, wenn du im dunklen draußen bist. Wir haben jetzt Klapperschlangenzeit“. Genau das fällt mir ein, als ich die Haustür hinter mir zugezogen habe und ich im Dunklen auf dem Hof stehe. Natürlich habe ich vor so einer kleinen Klapperschlange keine Angst, aber es könnte ja auch eine größere in der Dunkelheit auf ein deutsches Touristen-Frühstück warten. Oder gleich ein ganzes Klapperschlangenrudel. Doch ein kleiner Druck auf meinen Autoschlüssel genügt und die Black Lady macht ihre Begrüßungsbeleuchtung an. Und siehe da, keine Klapperschlangen auf dem Weg, nur ein paar Skorpione. Nein, Spaß! In Deutschland rennt mir ja auch nicht alle paar Meter eine Ratte, oder ein Wolf über den Weg. Aber Vorsicht ist allemal besser, als nachher ein langes Gesicht zu machen.
Sunday Morning
Ich gebe mein neues Ziel (Flagstaff, Arizona) ins Navi ein und verlasse Alamogordo im ganz leichten Nieselregen. Ja, auch hier ist es Herbst und bald kommt der Winter. Nur weil es tagsüber noch so schön warm ist und die Sonne scheint, sieht es so aus, als wäre hier immer Sommer.
Es ist nicht viel los, doch an einigen Kaffeebuden stehen schon die ersten Trucks. Eigentlich hatte ich noch mal Albuquerque auf meinem Zettel, aber ich war ja erst da und habe die Waschstraße und das Haus von Walter White besucht. Zusammen mit Matthias hatte ich gestern Abend noch eine andere Route nach Flagstaff, Arizona heraus gesucht. Mehr so über Land anstatt auf dem großen Highway.
Der Cowboy
Was war denn das? Kurz vor einer kleinen new mexicanischen Kleinstadt stehen ein paar alte Autos. Klar, da muss ich doch mal schauen. Der Inhaber ist ein gewisser „Cowboy“. So steht es jedenfalls auf der Werbetafel. Die Auswahl der Fahrzeuge ist recht übersichtlich, aber gucken kostet ja nichts. Es dauert nicht lange, da faltet sich der Chef höchstpersönlich aus seinem Wohnwagen. Jedenfalls nehme ich an, dass dieser lange, dünne Mann, mit Cowboyhut und Cowboystiefeln hier der Chef ist. Er kommt auf mich zu, blickt zu mir herunter und fragt: „Was darf‘s denn sein, Fremder?“ Weil ich keine falschen Hoffnungen wecken will, der Typ sieht nicht gerade wie ein Spaßvogel aus, frage ich nach einem alten Nummernschild. Er brummt sich irgendwas in den Bart und deutet auf die Erde. Tatsächlich liegt fast genau vor meinen Füßen ein Plate. Komisch. Ich bin mir bei dem Cowboy nicht ganz sicher und frage noch mal nach, aber er hat schon das Interesse an mir verloren und wendet sich neuer Kundschaft zu. Eine schneeweiße G-Klasse kommt auf das bescheidene Grundstück gefahren. Ich bin natürlich hocherfreut, zum einen, weil ich mir das Nummernschild genommen habe und zum anderen, weil jetzt schon zwei schicke Mercedes beim Cowboy zu Besuch sind.
Mutter oder Vater?
Die G-Klasse ist ja sozusagen der Vater aller SUV. Wir bauen dieses Auto bereits seit 1979 und die Grundform wurde seither kaum verändert. Alles andere hingegen schon. Technisch auf dem neuesten Stand, mit dicken AMG V8-Biturbo ausgestattet, ist das Auto vor allen bei den Reichen und Schönen (Frauen) sehr beliebt. In Los Angeles siehst du die Dinger an jeder Straßenecke. Hier auf dem Lande ist so ein Auto allerdings eher selten, um nicht zu sagen fast nie zu sehen. Umso größer ist mein Interesse. Ich sehe schon das tolle Bild vor mir, der Weiße G und meine Black Lady daneben. Von mir aus kann der Cowboy auch sein Hemd ausziehen und sich halbnackt davor legen. Doch irgendwie kommt mir die G-Klasse komisch vor, sie sieht so anders aus. Dann fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren. Die Karre hat ein Nummernschild aus Mexico und wenn mich nicht alles täuscht, ist sie auch noch gepanzert. Unter diesen Umständen nehme ich doch ganz schnell von meiner geplanten Fotoshooting-Aktion Abstand. Unnötig zu erwähnen, dass ich die beiden Typen aus der G-Klasse auch nicht als Spaß- sondern eher als Galgenvögel bezeichnen würde, wenn mich jemand fragen würde. Aber es fragt mich ja niemand. Und so sehe ich zu, dass ich Land gewinne. Irgendwie würde ich mich jetzt auch nicht großartig wundern, wenn Clint Eastwood oder Bruce Willis um die Ecke kommen würden. Was immer diese drei Typen jetzt für Geschäfte machen wollen, ich will nicht in der Nähe sein. Also Nummernschild ins Auto, HDW hinterher und GG (Gib Gummi). Ab nach Arizona.
See you next week
Hans-Dieter Wuttke (HDW)